Opferdramaturgie nach dem bürgerlichen Trauerspiel
Produktbeschreibung
Augenscheinlich vermehren sich gegenwärtig wieder die Diskurseums Opfer. Das ist keine neue Entwicklung. Es ist die dramatischeErfolgsgattung schlechthin, das bürgerliche Trauerspiel, die zwischen1760 und 1850 die tragische Position der Victima geschlechteranthropologischüberformt: Das kulturelle Kapital der empathischen Identifikationwird vornehmlich für das weibliche Opfer mobilisiert. Komplementärnimmt männliche Täterschaft die antagonistische Positionein. Bald feiert diese Innovation ähnlich oder kontrastiv auch auf derOpernbühne Erfolge, wenn die Opfertode der Norma, Lucia, Brünnhildeoder Carmen die männlichen Protagonisten anklagen. Was abergeschieht mit dem Opfer, wenn von ihm erzählt wird? Auffällig häufiggehen Romanfiguren des 19. Jahrhunderts ins Theater, um ihr Sterbenanschließend in opferkultischen Kontexten zu zelebrieren. Wandeltsich das Opfer-Performativ in ein Opfer-Narrativ, wenn die LeitgattungRoman die Gattungsgrenze erzählerisch beobachtet? Zeichnensich hier die Konturen einer literarischen Kritik der Viktimologie ab?Paradigmatisch führen Emma Bovary, Cécile oder Effi Briest die langeListe prosaischer Distanzierungen von der Theatralität des Opfersim 19. Jahrhundert an. Seither wird die Liste prosaischer Befragungeneiner geschlechtlich codierten Opferdramaturgie immer länger, siereicht von Bernhard Kellermann über Ingeborg Bachmann und FritzZorn bis zu Michel Houellebecq, Anke Stelling oder Olga Tokarczuk.
Weitere beliebte Produkte
Bewertungen
Schreiben Sie als erster eine Rezension
Ihre Meinung interessiert uns – und hilft anderen Kunden bei der Auswahl.