Es gibt ein sehr schönes Interview des Autors, das sich zuweilen in der Buchbeschreibung bei diversen Anbietern findet, in dem er herausstellt, dass “Survivors” weniger als klassisches Kinderbuch gedacht ist, sondern als Fabel, die den Umgang der Menschen mit der Natur spiegeln soll: Ich finde es schade, dass diese Erläuterungen nicht auch direkt im Buch enthalten sind, denn dieses Interview gibt nochmals echten Input, die Geschichte eben auch aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten und nicht einfach nur als „nette Geschichte für Kinder“ anzusehen.
Zudem hätte ich mir gerne ein kleines „Fisch-Lexikon“ gewünscht: Hier tauchen doch sehr viele verschiedene, das Riff bewohnende Fische auf und da habe auch ich mich so manches Mal schwergetan, sie voneinander abzugrenzen. Im Verlaufe der Geschichte wird zwar beiläufig erwähnt, um welche Art es sich bei dieser oder jener Figur handelte, aber die reinen Bezeichnungen halfen da bei der Einordnung auch nur wenig. So gab es letztlich nur ungefähr vier Fische, die ich als relativ einzigartig empfunden habe, während die Anderen für mich unter „wohnt halt auch im Riff“ fielen, ohne dass ich auch nur eine vage Vorstellung von ihren Besonderheiten gehabt hätte. Da hätte man meiner Meinung nach definitiv sehr viel mehr (meeresbiologisches) Wissen vermitteln können.
Nun ja, das Buch, der Auftakt zu einer Serie, hat ja bereits den Titel „Die Flucht beginnt“ und damit ist im Grunde genommen bereits der gesamte Inhalt erzählt: Urplötzlich beginnt das Korallenriff, das vielen Tieren eine Heimat ist, zu sterben, und zwar rapide, aber während die einen noch glauben, dass es sich auch ebenso rasch wieder erholen wird, drängen die Anderen, vornehmlich der Protagonistenfisch Zacky, zum raschen Verlassen des Riffs und zum Suchen eines neuen Zuhauses.
Die zugehörigen Diskussionen zu lesen können sich eigentlich sämtliche Lesende sparen, die den Titel nicht gleich wieder verdrängt haben, denn dass das Riff letztlich verlassen wird, ist durch jenen bereits klargestellt. Da sorgt dann lediglich die Frage, ob sich alle Tiere den Flüchtenden anschließen oder sich doch noch die einen oder anderen zum Ausharren im Riff entscheiden werden, noch für etwas Spannung.
Teils fand ich es auch irritierend, dass zum Beispiel „Sonne“ und „Menschen“ bildlich umschrieben wurden (klar, kennen die Riffbewohner tief unten im Meer so nicht), während andere Begriffe von „außerhalb des Wassers“ ganz selbstverständlich verwendet wurden; das war doch sehr inkonsistent und ich dachte so manches Mal, man möge doch nun einfach die übliche Bezeichnung für etwas verwenden.
Sehr gut gefallen haben mir die Illustrationen, die wohl generell schwarz-weiß sind und im Digitalformat etwas gedrungener wirken. Von der Bebilderung her dürfte da die gedruckte Ausgabe vermutlich empfehlenswerter sein, auch wenn es mich zugegeben doch etwas überrascht hat, zu lesen, dass die Illustrationen im Printbuch ebenfalls nicht coloriert wurden, was ich doch erwartet haben würde.
Insgesamt wirkte „Die Flucht beginnt“ auf mich eher wie die Leseprobe eines Romans; dieses Buch ist nun auch nicht derart lang, so dass ich es persönlich schon ein wenig als Geldmacherei empfinde, dass man die komplette Geschichte hier zu einer vierteiligen Serie gemacht hat, wobei ich jetzt schon sicher sagen kann, dass ich „Die Flucht beginnt“ vor dem zweiten Teil ohnehin nochmals lesen müsste, weil ich bis zu dessen Veröffentlichung sicher schon wieder vergessen haben werde, wer nun wer war.
Als „Leseprobe“ gesehen hat dieses Buch nun zwar in mir schon ein wenig das Interesse am weiteren Verlauf geweckt, aber so völlig überzeugt bin ich (noch) nicht und verschenken würde ich dieses Buch auch eher, eben zusammen mit den anderen Bänden, erst dann, wenn die Serie komplett veröffentlicht ist.
11.11.21:
In dem Kinderbuch „Survivors“ - Die Flucht beginnt von Boris Pfeiffer erleben wir die ersten Auswirkungen des Klimawandels aus der Perspektive von Zacky, einem Fisch, der am Riff wohnt. Allein der Perspektivwechsel ist schon toll für Kinder.
Beim Lesen des Buches lernen Kinder nicht nur etwas über die verschiedenen Meeresbewohner, sondern es wird auch kindgerecht ein Bild gezeichnet, wie sich die Klimaerwärmung auf einzelne Bewohner auswirkt. Wer nun denkt, dass es sich um eine Aufzählung und eine Art Belehrung handelt, liegt falsch. Fakten werden in eine spannende und flüssig erzählte Geschichte eingebettet, der auch der nötige Humor nicht fehlt.
Bleibt noch zu erwähnen, wie großartig das Buch illustriert ist. Auch als Erwachsender hofft man beim Umblättern, dass es wieder ein detailliertes Bild hat. Das die Bilder in schwarz-weiss gehalten sind, stört dabei keineswegs, im Gegenteil, es unterstreicht die Botschaft, dass es eigentlich schon 12 Uhr und nicht erst 5 vor 12 Uhr ist.
Insgesamt eine klare Leseempfehlung. Die Botschaft wird gut und auf einem vernünftigen, nicht plakativen Level, kindgerecht vermittelt. Ich freue mich schon auf Band 2, 3 und 4.
22.12.21: